Andi Amir fliegt am Samstag nach Hause
Nach Behandlung in Ingolstadt: Zehnjährigen Buben aus Bagdad geht es deutlich besser

Seine Augen strahlen: Andi Amir freut sich bereits fest auf seine Rückkehr in seine Heimat, auf seine Eltern und seine Geschwister. An diesem Samstag fliegt der 10 jährige Junge gemeinsam mit seiner Tante Wafaa Musa zurück nach Amman und von dort weiter in den Irak, in seine Heimatstadt Bagdad. 6 Wochen, in denen er im Ingolstädter Klinikum intensiv behandelt und liebevoll gepflegt wurde, 6 Wochen, in denen er viele neue Freunde kennengelernt hat, gehen damit zu Ende.

Andi stammt aus einer einfachen irakischen Familie. Sein Vater hat eines kleines Getränkegeschäft in Bagdad, seine Mutter ist mit ihren sechs Kindern Hausfrau. Seine Familie gehört der christlichen Glaubensgemeinschaft der Chaldäer an, die mit Rom uniert ist. Neben arabischen spricht Andi deshalb auch die aramäische Sprache, die Christus verwendete. Andi ist eines von Zehntausenden irakischen Kindern, die Opfer des jüngsten Krieges und der Besetzung des Irak sind. Vor rund 10 Monaten war dem Junge auf dem Weg nach hause von Soldaten in den Rücken geschossen worden. Seitdem leidet Andi unter einer neurogenen Blasenentleerungsstörung und ist querschnittsgelähmt. Für sein ganzes Leben wird der Junge an den Rollstuhl gefesselt bleiben.

Am 6. Oktober war Andi stark unterernährt, ausgetrocknet, geschwächt und völlig verängstigt am Münchener Flughafen eingetroffen. Mitarbeitern des Pfaffenhofener Rotkreuzes übernahmen die Einlieferung in das Ingolstädter Klinikum. Rückstände in der Blase als Folge der neurogenen Blasenentleerungsstörung hatten zu einer Harnwegsinfektion und einer Nierenentzündung geführt, die bedrohlich werden konnte. Mit einer medikamentösen Behandlung gelang es dem Ärzten um die Kinderchirurgin Dr. Ring Mrozik seine Blase so "einstellen", daß sie sich von allein vollständig entleert. Dazu erhielt Andi im Ingolstädter Klinikum eine intensive ergotherapeutischen und physiotherapeutischen Betreuung, die ihm selbstständiger machte und ihm jetzt ermöglicht, ohne Hilfe aus dem Bett in den Rollstuhl zu kommen. Andi hat deutlich zugenommen und wieder Lebensfreude geschöpft.

Dabei waren die ersten Tage in einem völlig fremden Land mit unbekannter Sprache für Andi und seine Tante, die englisch spricht, nicht einfach. Wichtig für sie war deshalb, daß sie vom ersten Tag an im Krankenhaus regelmäßig Besuche erhielten und sich von Freunden umsorgt fühlen konnten. Daran beteiligten sich neben deutschen auch einige arabische und irakische Familien. Hilfreich war, daß die behandelnde Ärztin Frau Dr. Ring- Mrozik die arabische Sprache lernt. Ausflüge zum Tierpark Poinig, zum Zoo nach Augsburg, Stadtrundfahrten in München und Ingolstadt wurden für den Jungen organisiert.

Ermöglicht wurde der Aufenthalt und die Behandlung des 10 jährigen Jungen im Ingolstädter Klinikum durch eine Spendenaktion des Vereins "Freundschaft mit Valjevo e.V.". Sie fand breite Unterstützung in der Pfaffenhofener Bevölkerung. Dank Sammlungen an Informationsständen, bei Lesungen, mittels Spendendosen im Kino und mehreren Einzelhandelsgeschäften und Spendenaufrufen in der Zeitung war das notwendige Geld zusammengekommen, um Andi und seiner Tante den Flug nach Deutschland zu ermöglichen. Das Ingolstädter Klinikum und Frau Dr. Ring Mrozik, übernahmen die Behandlung des Kindes und verzichteten auf jede Bezahlung. Die Firma Spörer stellte zu einem Sonderpreis einen kindergerechten Rollstuhl zur Verfügung, den der Verein kaufte und Andi mit nach hause geben wird.

Mit ihrer Aktion wollten die "Freunde von Valjevo" nicht nur einem einzelnen Kind helfen, sondern auf das Elend des irakischen Volkes nach Krieg und Besatzung hinweisen. Mit der Aktion, über die u.a. die Münchener Abendzeitung und der Bayerische Rundfunk berichteten, wollten sie in den Tagen, in denen US-Soldaten erneut irakische Städte bombardieren und stürmen, ein Zeichen für Frieden setzen und ihr Mitgefühl und ihre Verbundenheit mit dem irakischen Volk deutlich machen. Andi und seine Tante sind den "Freunden von Valjevo" ans Herz gewachsen. An diesem Freitag ab 19 Uhr feiern sie im Restaurant "Olympia" gemeinsam Abschied.

Aus "Pfaffenhofener Kurier", 12. November 2004