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Afghanistan 2014 – Kein Land zum Abschieben

Gelungener Abend mit Information, Essen und Musik

Afghanistan-Interessierte kamen bei unserer Veranstaltung am Gründonnerstag im überfüllten Hofbergsaal auf ihre Kosten:  Reiner Braun, Geschäftsführer der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW) und Präsident des International Peace Bureau, berichtete über aktuelle Situation in dem zentralasiatischen Land. Dazu hatten afghanische Familien für die Besucher traditionelles Essen ihrer Heimat zubereitet. Anschließend  begeisterten die Brüder Nubi ihr Publikum mit afghanischer Musik und Liedern.

Seit 35 (!) Jahren, so Reiner Braun, herrscht Krieg in Afghanistan. Obwohl äußerst reich an begehrten Rohstoffen, sei es heute eines der ärmsten Länder der Erde. Es gäbe keine Familie, die nicht Angehörige durch den Krieg zu beklagen hätte. Braun, der Afghanistan im 2013 besucht hatte, berichtete: Ein Gesundheitswesen sei kaum vorhanden. Die meisten Ärzte hätten das Land verlassen. 80% der Bevölkerung sind Analphabeten, gute Ausbildung gäbe es infolge der weitgehenden Privatisierung des Bildungswesens nur für die sehr Reichen. In der Hauptstadt Kabul, ursprünglich für 300.000 Menschen gebaut, lebten heute 7 Millionen Menschen, die meisten in Slums ohne sauberes Trinkwasser und ohne sanitären Anlagen. Hunderttausende Bettler vegetierten auf den Straßen. Die Arbeitslosigkeit liege bei 60%, reguläre Beschäftigung sei kaum zu bekommen. Seit der Besetzung durch die Nato Truppen seien die   Importzöllen fast vollständig abgebaut worden. Infolgedessen konnten ausländische Unternehmen das Land mit ihren Waren überschwemmen, so dass einheimische Landwirtschaft und das Handwerk ruiniert worden sind. Stattdessen blühe jetzt auf einer Anbaufläche von über 200.000 Hektar der Drogenanbau. Die politische Macht liege in der Hand von Personen, die die USA eingesetzt hätten, von Kriegsherren mit Privatarmeen und der Drogenmafia. Vor ihnen und gegenüber den Besatzungstruppen habe die Bevölkerung keinerlei Schutz.  Allgegenwärtig herrsche Korruption. Ohne Bestechungsgelder gehe nichts. Braun erinnerte an die Schrecken für die Bevölkerung durch die andauernden Angriffe von Drohnen und Flugzeugen der Nato. Gleichzeitig nähme auch die Zahl von Anschlägen und Angriffen der Aufständischen deutlich zu. Afghanische Diskussionsteilnehmer betonten, dass das Land keine eigene Rüstungsindustrie habe. Sämtliche Waffen seien von den Industriestaaten ins Land gebracht worden. Die afghanische Bevölkerung selbst habe eine tiefe Sehnsucht nach einem Ende der Gewalt und Frieden.

Dafür, so Braun, sei ein Waffenstillstand, der vollständige Abzug der Nato-Truppen und die Bildung einer gemeinsamen Regierung aller politischen Kräfte einschließlich der Taliban die Voraussetzung. Pakistan und Iran müssten als Nachbarstaaten in den Friedensprozess einbezogen werden.

Solange aber nicht der Frieden hergestellt sei und Rückkehrer eine Lebensperspektive hätten, sei die Abschiebung von Flüchtlingen zurück nach Afghanistan, wie sie auch in Pfaffenhofen geplant ist, unmenschlich und unverantwortlich.

Es folgt ein Gedicht, das auf unserer Veranstaltung von Frau Elia Nazemi vorgetragen wurde.

Meine Heimat

Wenn mich jemand fragt woher ich komme,
dann antworte ich:
Ich komme aus einem Land, das tiefe Wunde in sich birgt.
Wunden die nicht heilen wollen.

Weit weg von hier, hinter den Bergen Hindukuschs,
in einem schönen Tal, im Herzen Asiens.
Einst, eine Stadt aus tausend und eine Nacht.

Nun eine Stadt , wo die Menschen
das Wort Frieden nicht mehr kennen und sagen:

Frieden ist ein Ort , fern ab von hier
Frieden ist ein Wort, uns nicht geläufig
Frieden ist ein Wunsch, geschrieben in den Sternen.
Frieden ist ein Traum ,der nicht Wahr wird
Frieden ist ein Wind , der hier nicht weht…

In meinem Land sind die Augen voller Tränen
In den Augen der Menschen verbirgt sich das Elend des Krieges
Ihre Augen sind ein Spiegel der Zeit, die nicht vergessen.

Eine Zeit, die schlimmer hätte nicht kommen können
Eine Zeit, in dem der Tot allgegenwärtig war
Eine Zeit, ohne Erbarmen, ohne Rücksicht, ohne Gefühle
Eine Zeit, voller Trauer, voller Leid, voller Schmerz

Ich komme aus dem Land der Minen,
Wo man Blumen nicht kennt
Ich komme aus dem Land der Krüppel,
Wo man das Lachen nicht sieht
Ich komme aus dem Land der Waisen,
Wo man die Freude vermisst
Ich komme aus dem Land des Feuers,
In dem kein Fluss mehr fließt.

Elia Nazemi