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Der Bischof von Tripolis: „Die Nato tötet Zivilisten“

Der Bischof von Tripolis: „Die Nato tötet Zivilisten“

Interview mit dem Giovanni Innocenzo Martinelli, katholische Bischof von Tripolis:

Von Alberto Tundo –peacereporter.net. 14. Mai 2011

Monsignore Martinelli wirft dem Bündnis vor, ohne jegliche Rücksichtsnahme zu bombardieren: „Das ist unmoralisch.“ Aufforderung an die Politiker: „Kommt und schaut Euch an, was Ihr anrichtet.“

Was geht in Libyen vor sich?

Es passiert das, was die Nato anrichtet: Pausenlos fallen Bomben. Sie können sich vorstellen, worüber Zeitungen und Fernsehen berichten: das libysche Fernsehen macht nichts anderes als die zivilen Opfer in Brega, Tripolis, in allen Regionen Libyens zu zeigen. Europa ist dabei, ein Desaster anzurichten und das soziale Leben in einem Land zu zerstören.

Sind die Opfer, die das Fernsehen der Regierung zeigt, echt? Handelt es sich nicht um Inszenierungen?

Sie sind echt! Die Bomben fallen auf Wohnhäuser. Wie sollte ich da denken, die Opfer seien nicht echt? Bomben fallen auf Krankenhäuser. Kommen Sie und schauen Sie es sich an! Sagen Sie den Verantwortlichen, dass sie sich anschauen, was sie mit ihren Bomben anrichten. Diese Bomben gehen neben Wohnhäusern runter. Es sterben Kinder, es sterben alte Menschen. Gestern sind in Marsa el Brage 60 Imame, Männer des Glaubens, ums Leben gekommen. Das sind keine Geschichten.

Man muss nur kommen, sich anschauen und wird es feststellen. Das Fernsehen zeigt ständig, was passiert, zeigt den Tod von Unschuldigen. Die Nächte sind unerträglich: die ganze Nacht haben sie den Eindruck, es sei ein Erdbeben ausgebrochen. Ich kann nicht verstehen, was sie noch treffen wollen, weil sie zivile Orte bombardieren. Sie behaupten, es wäre militärische Ziele, das aber ist nicht wahr. Vielleicht kennen sie Libyen nicht. Vielleicht haben sie eine falsche Topographie, falsche Informationen. Ich verlange deshalb, dass man hierher kommt und sich anschaut, was Europa anrichtet. Nur das verlange ich.

Welche Zahlen liefert das libysche Fernsehen hinsichtlich der zivilen Opfer?

Das weiß ich nicht mit Sicherheit. Ich weiß von den 60 Imamen, die bei den Bombardements der Nato in der Region von Brega starben und von einige toten Kindern in der Nähe des Krankenhauses für Verbrennungen in Tripolis. Wir waren am Donnerstag in eine Moschee in der Hauptstadt eingeladen, um an einer Gedenkfeier für die toten Imame teilzunehmen.

Aus Libyen kommen widersprüchliche Meldungen. Es ist schwierig sich ein Bild zu machen, wie sich der Konflikt entwickelt. Wie ist die Lage in Tripolis?

Abgesehen von den Bomben der Nato ist die Situation insgesamt ruhig. Sicherlich gibt es viele Probleme. Die Leute haben Angst, das Haus zu verlassen. Die Angst ist das größte Problem, weil es ein normales gesellschaftliches Leben behindert.

Die Nachrichten, die immer wieder in einigen westlichen Zeitungen über Abtrünnige, Meutereien und Revolten in der libyschen Hauptstadt auftauchen, entsprechen also nicht der Wahrheit?

Nein, nein, das sind alles Lügen, um das Spiel der Nato zu unterstützen und zu verdecken, was sie mit ihren Bomben anrichten. Die Allianz hat trotz Bitten der UNO und des Heiligen Vaters selbst eine Waffenpause abgelehnt. Die Bevölkerung hätte dadurch wieder Luft zum Atmen bekommen. Tag und Nacht bombardieren sie. Man kann nicht einmal mehr schlafen. Mit den Bombardements weiter zu machen, ist völlig unmoralisch.

Sie haben besonders gute Möglichkeiten, sich ein Bild von der Lage zu machen. Ich frage Sie deshalb: Welchen Rückhalt hat nach Ihrer Meinung die Regierung? Sitzt sie noch fest im Sattel oder steht sie kurz vor dem Zusammenbruch?

Ich glaube nicht, dass sie zusammenbricht. Zumindest nicht in Tripolis. Sie macht ihre Arbeit wie immer, auch wenn sie ihre Aktivitäten reduziert hat. In der Hauptstadt und einem Teil von Tripolitanien hält sie ihre Macht aufrecht. Sicher kommt einiges zum Erliegen, aber ich fühle mich genügend sicher. Die staatlichen Stellen beschützen und warnen uns, sobald es Probleme gibt.

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