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Der Fall des Mohamad Maria Alhakem oder wie das deutsche Konsulat in Beirut humanitärer Hilfe für einen schwerkranken syrischen Jungen blockiert

Nach fast 5 Jahren Krieg, der von außen mit Waffenlieferungen, der Ausbildung und Finanzierung islamistischer Gruppen befeuert wird, ist die syrische Bevölkerung in einer verzweifelten Lage. Besonders schlimm ist die Situation für die vielen Menschen, die heute in Syrien auf ärztliche Hilfe angewiesen sind: der Großteil der Krankenhäuser ist zerstört, Tausende von Ärzten und medizinischen Fachpersonal sind wegen der Kämpfe geflohen. Es gibt kaum Medikamente, es fehlt an technischen Gerät. Strom gibt es selbst in der Hauptstadt Damaskus nur wenige Stunden am Tag. Zu dieser dramatischen Situation hat ganz entscheidend das Wirtschaftsembargo beigetragen, das die EU und die deutsche Regierung seit 2011 gegen Syrien verhängt haben: seine Auslandskonten wurden gesperrt, dem Land jede Möglichkeit genommen, Devisen aus dem Verkauf seines Rohöles zu verdienen, jeder Geldverkehr unterbunden und der Verkauf von Ausrüstung, Technologie und technischer Hilfe für den Bau von Kraftwerken zur Stromgewinnung explizit verboten.

Mohamad und Sara
Mohamad und Sara

Im Dezember 2014 hat sich eine syrische Familie, die in unserer Kreisstadt Pfaffenhofen lebt, um Hilfe an unseren Verein „Freundschaft mit Valjevo e.V.“ gewandt. Es ging ihr um den damals noch 14 jährigen Mohamad Saria Alhakem, der mit seinen Eltern und Geschwistern im von täglichen Anschlägen und Raketenangriffen erschütterten Damaskus lebt. Die Familie legte uns ein Attest des renommierten Italienischen Krankenhauses von Damaskus vor. Dort stand:
„Die Röntgenbilder und MRT zeigten eine Knochenläsion in der hinteren Tibia-Epiphyse. Sie geht über den Kontaktknorpel hinaus. Es wird ein Riesenzelltumor angenommen.“ Wir sollten im Rahmen einer humanitären Aktion dem unter ständigen Schmerzen leidenden Jungen die Operation in Deutschland ermöglichen.

Die Hürden, um einem Schwerkranken aus einem Land wie Syrien die Behandlung in Deutschland zu ermöglichen, sind sehr hoch: man braucht einen Nachweis über die Notwendung der Behandlung, das behandelnde deutsche Krankenhaus muss bestätigen, dass die Kosten vorab bereits komplett bezahlt wurden und es muss eine Verpflichtungserklärung abzugeben werden, die mit ganz erheblichen finanziellen Risiken verbunden ist. Die deutschen staatlichen Stellen wollen mit dieser Verpflichtungserklärung sicherstellen, keinlei Kosten auf sie zukommen können.

Im Fall des 15 jährigen palästinensisch-syrischen Jungen Mohamad Saria Alhakem aus Damaskus liegen dem deutschen Konsulat in Beirut die erforderlichen Unterlagen für ein humanitäres Visum seit 10 (!!!) Monaten vor. Mit immer neuen Ausflüchten haben die dort zuständigen Stellen bis heute die Ausstellung des Visums hinausgezögert, obwohl wir sie mehrfach auf die damit verbundenen schweren gesundheitlichen Folgen für das betroffene Kind und das Leiden der betroffenen Familie hingewiesen haben. Aber urteilen Sie selbst:

Nachfolgend der erschütternde und skandalöse Vorgang:

Im Dezember 2014 ging die in unserer Stadt lebende gebürtige Syrerin Frau Osaymah Dawaliby über Bekannte auf unseren Verein „Freundschaft mit Valjevo e.V.“zu und bat um Hilfe für ihren Enkel Mohamad Saria Alhakem in Damaskus. Der am 18.06.2000 geborene Junge leide an einer Knochenläsion in der hinteren Tibia-Epiphse und es werde ein Riesenzelltumor angenommen. Wir sollten Mohamad angesichts der katastrophalen Situation in der medizinischen Versorgung nach Jahren des Krieges und der täglichen Kämpfe in Damaskus selbst die Behandlung in einem deutschen Krankenhaus ermöglichen.

Wir haben uns daraufhin ein ärztliches Attest und weitere Unterlagen vom renommierten Italienischen Krankenhaus in Damaskus zukommen lassen. Vom Klinikum Ingolstadt wurde uns zugesagt, die Kosten für die Operation und den stationären Aufenthalt im Rahmen einer humanitäre Hilfe vollständig zu übernehmen. Ein Freund der Familie gab die erforderliche Verpflichtungserklärung und wir sammelten das benötigte Geld für Flug, Krankenversicherung und Versorgung von Mohamad und der ihn begleitenden volljährigen Schwester Sara für die Zeit ihres Aufenthalts in Deutschland. Viele Bürger unserer Stadt und unseres Landkreises Pfaffenhofen haben uns dabei mit ihrer Geldspende geholfen.

Am 29.März 2015 sandten wir das Attest des Italienischen Krankenhauses in Damaskus, die Verpflichtungserklärung, die Kostenübernahmeerklärung des Klinikum Ingolstadt sowie die Pässe von Mohamad und seiner Schwester Sara per E-Mail an das deutsche Konsulat in Beirut.

Am 7. April wurde uns mitgeteilt, dass auf den übersandten Scan der Pässe die Photos nicht mehr vollständig erkennbar seien und somit neue Pässe erstellt werden müssten.

Die Familie lässt in Damaskus neue Pässe erstellen, die wir am 10. Mai dem Konsulat zuleiten.

Am 21. Mai erhielten Mohamad und seine Schwester Sara einen Termin im Konsulat. Die Reise aus Damaskus zum Konsulat in Beirut war für sie sehr anstrengend und dauerte über 10 Stunden. Die libanesischen Grenzbeamten hatten sie nur nach Intervention die Grenze passieren lassen, da der Vater von Mohamad gebürtiger Palästinenser ist. Als die Beiden endlich beim Konsulat eintrafen, füllte Sara die Antragsunterlagen aus, während der erschöpfte, unter ständigen Schmerzen leidende Mohamad im Wagen unmittelbar vor dem Konsulat wartete. In diesen Stunden hatte ich direkten Telefonkontakt mit dem Leiter der Rechts-und Konsularabteilung des deutschen Konsulats in Beirut Jörg Walendy. Es war mir wichtig, dass alles reibungslos ablief und vollständig erledigt wurde.

Am 2. Juni schrieb uns Herr Walendy, dass ein Visa nicht erteilt werden könne. Die „Stellungnahme eines Damaszener Krankenhauses“, das von italienischen katholischen Nonnen unter Leitung von Schwester Anna Maria Scarzello, geführt wird, sei nur „begrenzt glaubwürdig“. Die italienischen Region Vall`d Aosta hatte 2014 Schwester Scarzello als Frau des Jahres geehrt. Zudem fehlten im Visumantrag die Fingerabdrücke von Mohamad . Auf die naheliegende Idee, Mohamads Schwester Sara, die den Antrag im Konsulat ausfüllte, darauf hinzuweisen und Mohamad hereinzuholen, waren die Konsulatsmitarbeiter und Herr Walendy nicht gekommen.

Wir schickten Mohamad nochmals zum Arzt in Damaskus und reichten aktuelle Unterlagen nach. Sie belegten, dass Mohamad an einem großen Tumor hinter dem Knie leidet. Darauf verlangte Herr Walendy am 18.6. „eine Bestätigung eines deutschen oder libanesischen Arztes, dass seine Krankheit bedrohlich ist und nicht in der Region behandelt werden kann.“ Dass diese Forderung mit erheblichen Zeitverlusten für die Behandlung verbunden sein musste, war ihm sicher bekannt genauso wie die aktuell dramatische Situation in der syrischen Gesundheitsversorgung, die die Behandlung in Deutschland erfordert.

Wir haben uns daraufhin an das Klinikum in Ingolstadt gewandt. Für eine verbindliche Stellungnahme zur Erkrankung von Mohamad verlangten die dortigen Fachärzte von uns aktuelle Röntgenbilder, ein Kernspintomogramm und Computertomogramm. Mehrere Wochen vergingen, bis die Familie von Mohamad die geforderten Untersuchungen erledigen und uns die Unterlagen aus Damaskus zukommen lassen konnte.

Am 9. September teilte uns das Klinikum mit, dass es sich nach ihrer Ansicht „um einen Tumor handelt, der vom Schienbein ausgehend in das Kniegelenk eingebrochen ist und auf den Oberschenkel übergreift.“ Angesichts der zu erwartenden höheren Kosten trat das Klinikum von seiner ursprünglichen Zusage, den Jungen im Rahmen einer humanitären Hilfe zu behandeln zurück und bat uns, weitere Sponsoren und ein anderes Krankenhaus zu finden.

Am 2. Oktober erklärte sich die Schön-Klinik in Hamburg erklärte sich bereit, die Behandlung zu einem Festpreis von 20.000 EUR zu übernehmen. Unser Verein hat kurz entschlossen bei Bürgern unserer Stadt 10.000 EUR gesammelt und einen Kredit über weitere 10.000 EUR aufgenommen, so dass wir die geforderte Summe Ende Oktober überweisen konnten.

Am 29. Oktober übermittelten wir dem Konsulat in Beirut und Herrn Walendy die geforderte Stellungnahme eines deutschen Arztes aus der Hamburger Schön-Klinik über die schwere Erkrankung von Mohamad und die Bestätigung über die zwischenzeitlich bereits erfolgte vollständige Bezahlung der Behandlungskosten. Wir wiesen in unserem Schreiben darauf hin, dass die Erkrankung in der Zwischenzeit weiter fortgeschritten war und der Junge unter schweren Schmerzen leidet.

Darauf erhielten wir mit Schreiben vom 11.November für den 24. November einen zweiten Termin im Konsulat in Beirut für Mohamad, damit er seinen Fingerabdruck abgeben könne. In seinem Schreiben bat uns Herr Walendy gleichzeitig die Frage zu beantworten, „warum die Erkrankung nicht hier im Libanon oder in der Türkei behandelt werden kann.“ Glaubte er ernsthaft, wir hätten tatsächlich von Pfaffenhofen aus eine Operation in der Türkei organisieren können? Mit welchem weiteren Zeitverlust für Mohamad?

Als Mohamad mit seiner Schwester am 24. November vor dem Konsulat eintrafen, wurde ihnen der Zutritt ins Konsulat mit der völlig abwegigen Begründung verweigert, sie hätten keine Krankenversicherung bei sich. Herrn Walendy war bekannt, dass wir diese Versicherung in Deutschland bei Allianz eindecken. Ich hatte ihn darauf explizit in meinem Mail vom 23. November nochmals hingewiesen. Mohamad und Sara, die vor dem Konsulat standen, riefen mich in ihrer Verzweiflung an und ich konnte tatsächlich Herrn Walendy und weitere Konsulatsmitarbeiter telefonisch erreichen. Herr Walendy erklärte mir, er könne nicht helfen, da die libanesischen Mitarbeiter des Konsulats ihn nicht verstehen würden bzw. seine Anweisungen nicht befolgten (!!!). .

Am 29.11. bat ich Herrn Walendy um einen kurzfristigen Ersatztermin für Mohamad und Sara, damit sie ihren Visaantrag endlich vervollständigen könnten. Mit Hinweis auf die mittlerweile eingetretene drastische Verschlechterung des Gesundheitszustandes von Mohamad fügten wir hinzu: „Unsere Bürger und die deutsche Öffentlichkeit werden kein Verständnis für eine weitere unnötige Verzögerung der Behandlung haben.“

In seiner Antwort am 30.11. bestätigt uns Herr Walendy ausdrücklich, dass die Beiden die Krankenversicherung nicht bei sich haben mussten („Sie hätten die Krankenversicherung im Grunde mit der Post schicken können“). Wörtlich schreibt er weiter: „Was den Einlass am 24.11. betrifft, so wird dieser in der Tat nur Erstantragstellern gewährt.“ Wie aber Mohamad ohne Zutritt ins Konsulats seinen Fingerabdruck abgeben sollte, wozu Herr Walendy selbst ihm den Termin gegeben hatte, bleibt sein Geheimnis. Gleichzeitig bemängelt er jetzt auf einmal, dass für eine Visavergabe noch die Passunterlagen der Eltern und die Verpflichtungserklärung des Freundes der Familie nachzureichen sei. Letztere lag ihm bereits seit dem 29. März vor! Die Passunterlagen der Eltern hatte er bis dahin nie angefordert, obwohl wir ihn mehrfach gebeten hatten, uns zu schreiben, welche Unterlagen er noch benötige.

Abschließend fügt er hinzu, „dass bei den derzeit extrem hohen Asylzahlen in Deutschland es sehr wohl unser gesetzlicher Auftrag ist, eine Einreise nur dann zu gestatten, wenn die Finanzierung gesichert, und zumindest der Hauch einer Rückkehrperspektive besteht.“

Abgesehen davon, dass die Finanzierung gesichert ist und die Rückkehrperspektive für den mittlerweile 15 jährigen gegeben ist, da beide Eltern und weitere Geschwister in Damaskus bleiben, dürfen die Asylbewerberzahlen in Deutschland nicht dazu führen, einem schwerkranken Jungen humanitäre Hilfe zu verweigern.

Mit Mail vom 4. 12. weisen wir Herrn Walendy und das Konsulat darauf hin, dass ihnen die Verpflichtungserklärung bereits seit März vorliegt und schicken die Passunterlagen der Eltern von Mohamad und Sara. Gleichzeitig weisen wir darauf hin, dass sich die Erkrankung des Jungen weiter verschärft und er wegen seiner Schmerzen ständig starke Medikamente zu sich nehmen muss. Wir bitten erneut um einen abschließenden Termin für die Visumvergabe.

Am 16.12.2015 erhalten wir ein Mail von Herrn Peter Hofmann vom deutschen Konsulat in Beirut . Wir werden informiert, dass Herr Walendy nach Berlin zurückversetzt wurde. Wörtlich heißt es: „Um Mohamad schnell zu helfen, fragen wir jetzt für seine Mutter (?) und ihn auf ein auf Deutschland beschränktes Visum an. Auf die Festlegung eines konkreten Termins für die OP verzichten wir. Ich gehe davon aus, dass Sie sich um einen raschen Termin kümmern werden. Wenn alles gut geht, haben wir Anfang nächster Woche die Erlaubnis zu Erteilung.“ Auf unsere Nachfrage stellt das Konsulat noch am gleichen Tag klar, dass es sich um das Visum für Mohamad und seine Schwester handelt.

Mit Mail vom 29.11.2015 und erneut vom 10.01.2016 fragen wir nach, ob die Erlaubnis zur Erteilung der Visa mittlerweile vorliegt und ob es noch Probleme zu lösen gäbe. Wir erhalten keine Antwort.

Am 13.01.2016 erkundigt sich die Journalistin Susanne Hofmann vom Bayerischen Rundfunk bei der Pressestelle des deutschen Außenministeriums in Berlin, was einer Erteilung des Visums noch im Wege stünde.

Gleich am 14.01.2016 erhält sie von der Pressestelle die Antwort: „Bei Vorlage von Reisekrankenversicherungen können die Visa für die Antrag stellenden Kinder erteilt werden.“ Die Pressestelle hatte offensichtlich vom Konsulat in Beirut die falsche Auskunft erhalten, ihr läge keine aktuelle Krankenversicherung vor (sie musste aktualisiert werden, da sich der Zeitraum des voraussichtlichen Aufenthaltes von Mohamad für seine Behandlung in Deutschland ständig weiter verschoben hatte).

Am 14.1.2016 schicken wir der Pressestelle unser Mail an das Konsulat vom 29.11 2015, dem wir die aktualisierte Krankenversicherung beigefügt hatten.

Mit Schreiben vom 14.01.2016 bestätigt uns das Konsulat, dass ihm die aktualisierte Krankenversicherung bereits seit Wochen vorlag, Herr Hofmann rechtfertigt sich damit, dass Herr Walendy, dem wir die Krankenversicherung gemailt hatten, Mitte Dezember nach Berlin zurückversetzt worden sei. Tatsächlich hatten wir die Krankenversicherung bereits am 29.11.(November!) an das Konsulat geschickt, als Herr Walendy noch Leiter der Rechts- und Konsularabteilung in Beirut war.

Gleichzeitig schrieb Herr Hofmann, jetzt sei nur noch eine Einverständniserklärung der Eltern für die Reise von Mohamad nach Deutschland erforderlich. Diese Einverständniserklärung hatte man 10 Monate lang nicht verlangt.

Mittlerweile ist der Vater von Mohamad aus Damaskus nach Beirut zum Konsulat gefahren und hat persönlich die beglaubigte Einverständnisserklärung abgegeben.

Am 16.01.2016 fragen wir erneut beim Konsulat nach, ob das Visum erteilt sei, damit Flugbuchung und Abstimmung mit den Ärzten für die Operation erfolgen kann und warten seitdem auf Antwort.

Mit einem ausführlichen Schreiben haben wir uns heute an den deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier mit der eindringlichen Bitte gewandt, zu veranlassen, dass das deutsche Konsulat jetzt zügig das Visum für Mohamad und seine Schwester ausstellt.

Über seine Antwort werden wir auf unserer Seite informieren.

Wer unsere Friedens- und humanitäre Arbeit unterstützen möchte, den Bitten wir um Spenden auf unser Konto „Freundschaft mit Valjevo“ bei der Sparkasse Pfaffenhofen, IBAN DE06 7215 1650 0008 0119 91, BIC: BYLADEM1PAF. Wir brauchen dringend jede Unterstützung.