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Die amerikanische Besetzung Afrikas

Die serbische Zeitung „Vesti“ aus Frankfurt hat in ihrer Ausgabe vom 7. August 2011 ein Interview mit dem serbischen militärpolitischen Experten, Journalisten und Sachbuchautor Milovan Drecun veröffentlicht. Nachfolgend eine Übersetzung dieses Artikels.

Die amerikanische Besetzung Afrikas

Amerika spielt ein falsches Spiel mit Libyen: heimlich verhandeln die Amerikaner mit der Regierung in Tripolis und fordern die Beendigung der Zusammenarbeit mit europäischen, russischen und chinesischen Firmen. Danach würden diese Aufträge von Unternehmen aus den USA übernommen, behauptet der militärpolitische Analyst Milovan Drecun. Drecun hat vor kurzem Libyen besucht. Er wollte erfahren, ob neben dem Kampf zwischen Regierung und Aufständischen auch ein Krieg mittels der Medien geführt werde, wer Verbrechen begeht, wie stark der tatsächliche Rückhalt für Moamar Gaddafi ist, und wie die militärische Situation am Boden aussieht.

Antworten auf diese und viele weitere Fragen hat er in seinem Dokumentarfilm „Zabranjena istina“ – Verbotene Wahrheit – gegeben.

Glauben Sie, dass der Angriff auf Libyen aus wirtschaftlichen Interessen erfolgt?

Ich habe Informationen erhalten, dass China mit Libyen Verträge im Wert von 28 Milliarden, mit Russland im Wert von 17 Milliarden Dollar abgeschlossen hatte. Bedeutende Aufträge haben auch deutsche Firmen erhalten, während die Amerikaner weit zurückblieben.

Allein durch das Embargo und die Intervention der Nato wurden Investitionen gestoppt, die eine Größenordnung von 200 Milliarden Dollar erreichen. Sämtliche wirtschaftlichen Aktivitäten sind in Libyen zum Erliegen gekommen und jetzt wird seine Infrastruktur zerstört.

Sind das die einzigen Gründe?

Libyen liegt an einer 2000 Kilometer langen Mittelmeerküste und ist das geostrategisch wichtigste Land im südlichen Mittelmeer. Es besitzt die größten Ölreserven des schwarzen Kontinents. Hinsichtlich seiner Gasvorkommen steht es an dritter Stelle und hat einen unterirdischen Trinkwasserfluss. Der Westen fürchtete seine schnelle Entwicklung und die Stärke seines Einflusses. Libyen ist ein bedeutender Investor in den afrikanischen Ländern ist und propagiert die Befreiung des Kontinents aus seiner Abhängigkeit vom Westen.

Wie ist die wirtschaftliche Situation in Libyen?

Das Bruttosozialprodukt pro Kopf betrug vor der Intervention 13.800 Dollar. Es war damit mehr als doppelt so hoch wie in Ägypten und in Algerien. In der Zeit von 2001 – 2005 war Libyen wegen seiner niedrigsten Inflationsrate von –3,1% im Guinessbuch vertreten. Brot und die übrigen Lebensmittel waren bis zum Natoangriff wirklich billig gewesen, Transport- , Fahrtkosten und Treibstoff praktisch kostenlos. Jetzt nach dreifacher Erhöhung beträgt der Benzinpreis unglaubliche 6 Dinar pro Liter.

In welcher Hinsicht hätte Libyen Afrika befreit?

Libyen hatte geplant, etwa 100 Milliarden Dollar zu investieren, damit sich Afrika aus der Abhängigkeit von den westlichen Investoren befreien könnte. Gaddafi ist ein starker Befürworter der Schaffung eines afrikanischen Währungsfonds, der den Einfluss des Internationalen Währungsfonds beseitigt hätte. Er ist Befürworter der Einführung einer gemeinsamen afrikanischen Währung, die im Unterschied zum Dollar vollständig durch Gold gedeckt sein soll.

Wie stark Libyen finanziell war, ersieht man aus der Tatsache, dass es Katar, das sich jetzt an der Intervention der Nato beteiligt, 50 Milliarden Dollar geliehen hatte. Saudi Arabien schuldet ihm 12 Milliarden Dollar. Die westlichen Regierungen haben ungefähr 200 Milliarden Dollar libyscher Gelder bei ausländischen Banken eingefroren, um den Druck auf Gaddafi zu erhöhen.

Unbestreitbar ist, dass zur gleichen Zeit auch ein Krieg mit den Medien geführt wird.

Die Informationen waren von Anfang an widersprüchlich. Die Aufständischen können ihre Sichtweise in den westlichen Medien und Al Jazeera darlegen. Dagegen fällt auf, dass Stellungnahmen der offiziellen Stellen in Tripolis kaum erscheinen. Um mich gründlich zu informieren, habe ich deshalb den Bereich des Landes besucht, den die libysche Regierung kontrolliert. Dort habe ich viele Informationen erhalten. Ich habe mit Libyern gesprochen, die aus den Gebieten der Aufständischen geflohen waren, und mit Ausländern.
In Tripolis habe ich auch James Moriarty getroffen. Er ist der Eigentümer einer Ölgesellschaft aus den USA und ebenfalls hierher gekommen, um die Wahrheit zu erfahren. Moriarty behauptet, der Plan zur Besetzung Libyens sei bereits im Jahr 2006 entwickelt worden. Weil sich Gaddafi weigert, dass sein Land zum Sprungbrett Amerikas nach Afrika wird, möchten die USA das Land unter ihre Kontrolle bekommen. Auf diesem Weg möchten sie Afrika beherrschen und den wachsenden Einfluss der Chinesen auf dem schwarzen Kontinent neutralisieren.

Vom Westen kommen Anschuldigungen, dass die Truppen Gaddafis Zivilisten töten würden. Die offiziellen Stellen in Tripolis behaupten, dass dies die Söldner und die Nato tun. Wer hat Recht?

Es ist wirklich aufschlussreich, dass keine internationale Kommission zur Klärung der Fakten gebildet wurde, auch nicht von der UNO. Die Anschuldigungen basieren vor allem auf Medienberichten, Aussagen der Führer der Aufständischen und westlicher offizieller Stellen.
Ich habe Zeugen aus den Städten im Osten gehört, die von den Aufständischen kontrolliert werden. Aus diesen Städten sind eine Viertel Million Menschen geflohen. Sie sagen, dass Angehörige von Al Khaida, Kriminelle und Einzelpersonen aus den Reihen der Aufständischen, nicht aber die libyschen Streitkräfte, Zivilisten terrorisieren und töten. Sie sagen, dass die Aufständischen auf Zivilisten schießen, die gegen sie eingestellt sind. Afrikaner, die zur Arbeit in Libyen sind, hätten sie als Söldner Gaddafis bezeichnet und getötet.

Kennt man Zahlen der Opfer?

Der Pressesprecher der libyschen Regierung hat uns offizielle Angaben zu den zivilen Opfern der Bombardierungen durch die Nato in der Zeit vom 19. März bis zum 7. Juni gegeben. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Luftwaffe der Nato rund 11.000 Einsätze geflogen. Dies entspricht etwa der Hälfte der Flüge im gleichem Zeitraum während der Bombardierung Jugoslawiens 1999. Verletzt und getötet wurden 4.711 Menschen.
Unter ihnen waren 856 getötete Zivilisten, davon 523 schwer und 3.332 leicht Verletzte. Es kamen 109 Kinder ums Leben, das Jüngste war 8 Monate alt.

Es ist schon erstaunlich, dass die Luftwaffe der Nato in mehreren Angriffen mit bis zu 18 Raketen sogar den Gebäudekomplex im Zentrum von Tripolis zerstört hat, in dem eine Reihe von Nichtregierungsorganisationen und Vereinen ihren Sitz haben.

Konnten Sie erfahren, wie groß die Unterstützung für Gaddafi ist?

Das konnte ich sehr gut mit Hilfe der libyschen Stämme sehen. Sie sind so organisiert, dass ihr Vertreter in den Versammlungen die gemeinsame Position des ganzen Stammes vertritt. Diese Versammlungen bringen den Volkswillen am klarsten und unverfälscht zum Ausdruck. Gaddafi hat die Unterstützung aller Stämme. Das ist seine größte Stärke und ein gewaltiges Problem für die USA und die Nato. Die Aufständischen haben, wie unabhängige und Quellen der Stämme in Tripolis schätzen, höchstens 2% der Bürger auf ihrer Seite. Ebenso sind 85% des Landes unter der Kontrolle der Regierung in Tripolis. Auf der Seite Gaddafis steht auch die Jugend Libyens.

Worauf stützen Sie diese Behauptung?

Auf dem Kongress der Jugend, an dem Vertreter aus aller libyschen Stämme teilgenommen haben, haben sie ihre massive, offene und entschlossene Unterstützung für die Verteidigung und Einheit Libyens deutlich gemacht. Die westlichen Medien haben diese Versammlungen vollständig verschwiegen.

Hat der Kongress der libyschen Stämme irgendwelche Beschlüsse gefasst?

Ich habe mit Ali Mohammad Al-Ahvel, einer der einflussreichsten Persönlichkeiten in Libyen gesprochen. Er ist Scheich der Warfalla, des größten libyschen Stammes mit 2 Millionen Angehörigen und steht gleichzeitig an der Spitze des Allgemeinen Kongresses der Stämme Libyens. Er behauptet, dass alle Scheichs und Sprecher großer Familien auf der Versammlung den Beschluss gefasst haben, dass es keine Teilung Libyens geben wird, dass die Einmischung fremder Mächte in die inneren Angelegenheiten des Landes nicht akzeptiert werden, dass die Libyer kein Recht haben, sich gegenseitig zu töten und dass der Reichtum des libyschen Volkes erhalten werden muss. Der Scheich sagte ganz entschlossen, dass der Westen sich des Reichtums Libyens nur bemächtigen kann, wenn er alle 2000 Stämme auslöscht.

Besteht die Möglichkeit für einen Kompromiss mit der Nato?

Von Al-Ahvel habe ich gehört, nur wenn sie das ganze Volk töten, können sie bestimmen, wer regiert. Haben wir Sarkozy, Obama oder irgendeinen Präsidenten in der Welt gewählt, hat Al-Ahvel gefragt und hinzufügt, dass die Libyer kein Volk ohne geschichtliche Wurzeln und Tradition sind.

Übersetzung: Bernd Duschner, Freundschaft mit Valjevo e.V.

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