Lucas Zeise fordert Schuldenschnitt und Verkleinerung des Finanzsektors
Zur aktuellen Krise des Euro sprach am 2. Dezember 2011 im Hofbergsaal der Kolumnist der „Financial Times Deutschland“ Lucas Zeise auf einer gut besuchten Veranstaltung der „Freunde von Valjevo“.
Die Euro – Krise ist für Lucas Zeise Teil einer Wirtschaftskrise, die seit 2007 alle westlichen Industriestaaten erfasst und das Ende des neoliberalen Entwicklungsmodells bedeutet. Seit den 80er Jahren hätten die Regierungen durch Druck auf die Löhne, Sozialabbau und Reduzierung der Steuern für Unternehmen und Vermögen eine massive Umverteilung der Einkommen zugunsten der Kapitaleignern durchgesetzt. Den stark gewachsenen Privatvermögen stünde deshalb spiegelbildlich eine hohe Staatsverschuldung gegenüber. Weil die Kürzungen bei den Einkommen der breiten Bevölkerung eine Stagnation der Konsumgüternachfrage bewirkt habe, hätten die Kapitaleigner ihre Gelder nicht in den Ausbau der Produktion, sondern in Finanzanlagen gesteckt. Der Finanzsektor sei deshalb heute völlig überdimensioniert. Zu seiner Aufblähung habe auch zunehmende Privatisierung der Altersvorsorge beigetragen. Heute dominiere der Finanzsektor Wirtschaft und Politik. Die hohen Zinslasten, die Staat, Industrie und Handel an ihn abführen müssten, hemmten das Wachstum. Durch die Rettung der Banken mit Hunderten von Milliarden Steuergeldern in der Krise 2007/8 sei die notwendige Schrumpfung des Finanzsektor verhindert worden und es gleichzeitig zu einer Explosion der Staatsverschuldung gekommen. Für die Staaten an der Peripherie der EU sei der Anstieg der Staatsverschuldung besonders schwer zu verkraften. Der gemeinsame Markt ohne Handelsbeschränkungen mit dem EURO als einheitlicher Währung habe ihrer Wirtschaft jeden Schutz vor der starken Konkurrenz der deutschen Industrie genommen und zu ihrer Schwächung und hohen Außenhandelsdefizit geführt. Die Kürzungen bei Löhnen, Sozialausgaben und Personal im öffentlichen Dienst, die ihnen EU, IWF und Bundesregierung als „Sparprogramme“ diktierten, damit die „Finanzinvestoren“ ihre Zins- und Tilgungszahlungen erhielten, hätten die Krise in diesen Ländern nur verschärft. Weil die „Finanzmärkte“ von ihnen unbezahlbar hohe Zinssätze verlangten, stünden sie vor dem Bankrott. Die Bundesregierung, so Zeise, sollte dem Auseinandertrifften von Kerneuropa und seiner Peripherie entschlossen entgegenwirken. Die Wirtschaft der schwächeren EU-Länder sei im gemeinsamen Interesse zu stärken. Die europäische Zentralbank müsse wie in Japan, USA oder Großbritannien direkt Anleihen der eigenen Staaten kaufen und ihnen so eine kostengünstige Finanzierung unabhängig von den „Finanzmärkten“ sichern. Mit Steuern auf Finanztransaktionen und große Vermögen sollten die Staatseinnahmen erhöht und die Staatsverschuldung abgebaut werden. Unvermeidbar sei zudem eine Streichung großer Teile der staatlichen Schulden und eine deutliche Erhöhung von Löhne und Gehälter zur Stärkung des Binnenmarktes. Für den Euro, so Zeise, könne es sonst schon bald zu spät sein.
Die Kommentarfunktion ist deaktiviert, aber Trackbacks und Dingbacks sind offen.