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Karin Leukefeld über ihren Besuch im Italienischen Krankenhaus in Damaskus

Die Nahostkorrespondentin und Sachbuchautorin Karin Leukefeld ( „Flächenbrand: Syrien“) hat vor wenigen Wochen das Italienische Krankenhaus in Damaskus besucht. Seit mittlerweile 5 Jahren arbeiten wir seiner Leitung zusammen. Nachdem der Computertomograph des Krankenhauses vor kurzem nach 15 Jahren im Einsatz endgültig kaputt gegangen, befindet sich es sich in einer äußerst schwierigen Lage. Ersatzteile für das Gerät sind in Syrien nicht zu bekommen. Um dem Krankenhaus beim Kauf eines kostengünstigen Ersatzgerätes helfen zu können, bitten wir um Spenden auf unser Konto „Freundschaft mit Valjevo e.V“ bei der Sparkasse Pfaffenhofen: IBAN DE06 7215 1650 0008 0119 91, Stichwort „Krankenhaus Damaskus. Nachfolgend der Bericht von Karin Leukefeld:

Ein Besuch im Italienischen Krankenhaus in Damaskus

“Italiano.” Das reicht in Damaskus, um einem Taxifahrer mitzuteilen, wohin er fahren soll. Jeder Fahrer kennt den Weg zu dem stolzen, ehrwürdigen Gebäude in Salhiya, das mitten im Herzen der syrischen Hauptstadt liegt. Als es 1913 vom Salesianer Orden gegründet wurde, waren die Flächen um das Krankenhaus herum frei, es entstanden die Unterkünfte für die Schwestern und Brüder des Ordens und eine Schule. 

Heute ist es um die markanten sandfarbenen Gebäude eng geworden. Direkt neben dem südlichen Seitenflügel des Krankenhauses ist eine große Moschee entstanden. Dieser gegenüber ragt das Hochhaus des Finanzamtes von Damaskus in den Himmel. Vor dem Krieg drängte sich rund um die die Uhr der Verkehr durch die engen Straßen, doch nun sind weniger Autos und Menschen unterwegs. Es fehlt an Benzin und Strom, Wirtschaftssanktionen erwürgen Arbeit und Handel und verhindern den notwendigen Wiederaufbau nach dem Krieg. Viele Syrer haben alles verloren und suchen Sicherheit und Glück fern von ihrer Heimat.  

Ein CT-Scan Gerät im italienischen Krankenhaus

Im „Italiano“ erwartet mich Schwester Carol Tahhan, die das Krankenhaus leitet. Sie gehört zu den Salesianer Schwestern des Heiligen John Bosco, den „Töchtern von Maria, Hilfe der Christen“. Der Schwestern des Salesianer Ordens haben die Klinik seit ihrer Gründung geleitet und ihr zu ihrem exzellenten Ruf verholfen. Doch in diesen Tagen ist die Stimmung gedrückt: 35 Prozent der Belegschaft des Krankenhauses erkrankten an COVID-19, darunter neun der Schwestern, von denen eine starb. 

Selbst während des Krieges sei die Lage nicht so schwierig gewesen, wie jetzt, sagt Schwester Carolin. „Im Krieg mussten wir uns vor den Mörsergranaten in Acht nehmen, die um uns herum fielen. Doch wir hatten genug, um den Verletzten zu helfen. Nun haben wir eine Wirtschaftskrise, alles ist enorm teuer geworden. Die Sanktionen gegen Syrien machen es fast unmöglich, Medikamente oder Ersatzteile für unsere medizinischen Geräte zu besorgen.“ Viele gut ausgebildete Ärzte hätten Syrien seit 2011 verlassen, das könnten die Ärzte, die der Klinik geblieben seien, kaum ausgleichen. Die Coronavirus-Pandemie habe zwei Mal zur Schließung des Krankenhauses geführt, berichtet Schwester Carol. „Wir haben für das Personal Kurse durchgeführt und desinfizieren die Stationen zwei Mal am Tag.“

Schwester Carol stammt aus Aleppo und ist eine kleine, stämmige, sehr agile Frau. Schon vor Jahren, mitten im Krieg, war ich ihr im Konvent der Salesianer Schwestern begegnet. Sie organisierte Nähkurse für Frauen, die von dem Kriegsgeschehen mit ihren Familien vertrieben worden waren. Für Kinder wurden Unterricht und Freizeiten organisiert, damit sie wenigstens für eine Zeit den Sorgen und Nöten des Krieges entkommen konnten.  Als der Vatikan 2019 das Projekt „Offene Krankenhäuser“ für drei ausgewählte katholische Krankenhäuser in Syrien auflegte, war neben dem St. Louis Hospital in Aleppo und dem „Französischen Krankenhaus in Damaskus auch das „Italienische Krankenhaus“ dabei. Das Projekt hat eine Laufzeit von drei Jahren und soll 400 Armen pro Woche Zugang zu medizinischer Versorgung gewährleisten. Dabei werden die Einkommensverhältnisse der Patienten überprüft, aber sie werden nicht nach ihrer Religionszugehörigkeit gefragt, berichtet Schwester Carol. In diesem Jahr wird das Projekt auslaufen. Und was wird dann?

Im Laufe der Kriegsjahre hat Schwester Carol auch Kontakte mit Helfenden aus Pfaffenhofen knüpfen können. 

Sie wisse nicht, wie es weitergehen könne, seufzt Schwester Carol: „Die Sanktionen schaden den Menschen in jedem Bereich. Jeden, mit dem ich sprechen kann, bitte ich um Hilfe, um die Arbeit im Krankenhaus fortsetzen zu können. Unsere medizinischen Geräte gehen kaputt und wir wissen nicht, wie wir Ersatzteile bringen oder neue Geräte überhaupt bezahlen sollen!“

Eine besondere Beziehung haben Unterstützer aus der bayerischen Stadt Pfaffenhofen in den letzten Jahren mit den Salesianer Schwestern und dem Italienischen Krankenhaus aufgebaut. „Sagen Sie Bernd und den Freunden herzlichen Dank für ihre großzügige Hilfe, die uns kurz vor Weihnachten noch erreichte“, sagt Schwester Carol. Mit dem Geld habe man warme Winterkleidung für Bedürftige angeschafft, doch das größte Geschenk hätten sie den 165 Mitarbeitern des Krankenhauses, den Ärzten, Schwestern, Pflegern und Technikern machen können: „Wir konnten ihnen zu Weihnachten eine Flasche Olivenöl schenken, sie haben vor Freude geweint!“

(Karin Leukefeld, Damaskus)

Der Bericht erschient am 9. März 2021 im Donaukurier: https://www.donaukurier.de/nachrichten/panorama/Eine-Bruecke-von-Pfaffenhofen-nach-Damaskus;art154670,4750879