Bericht über unsere Veranstaltung am 25. Februar mit dem Historiker Dr. Alexander Bahar
Vor 90 Jahren wurde die NS-Diktatur in Deutschland errichtet, vor 80 Jahren musste die deutsche Wehrmacht in Stalingrad kapitulieren. Beide Ereignisse wurden in diesem Jahr in unseren Medien größtenteils mit Schweigen übergangen.
Glaubt man unseren Leitmedien, so war für die Errichtung der NS – Diktatur die breite Bevölkerung verantwortlich, die unkritisch auf den Demagogen Hitler hereingefallen sei. Verschwiegen werden die Rolle von Bankiers und Schwerindustrie, die die NSDAP finanzierten, die staatliche Repression und der weitgehend geduldete Terror der SA gegen die demokratischen Kräfte und die Arbeiterbewegung.
Wir hatten deshalb zum Thema „Errichtung der NS-Diktatur 1933“ vor 90 Jahren und den „Kriminalfall“ Reichstagsbrand“ den Historiker Dr. Alexander Bahar am 25. Februar zu einer Veranstaltung eingeladen.
In seinem Vortrag ging Dr. Bahar ausführlich auf zwei Ereignisse ein, die bei der Errichtung der NS-Diktatur eine entscheidende Rolle gespielt haben: Im Juli 1932 hatte der deutschnationale Reichskanzler von Papen das Verbot der SA aufgehoben. Die Unruhen, die durch deren Terror darauf entstanden, nahm Papen zum Anlass, den sozialdemokratischen Regierungschef in Preußen Otto Braun abzusetzen. Mit diesem Staatsstreich war Preußen, das zwei Drittel des Reiches umfasste, als Machtfaktor zur Verteidigung der Republik ausgeschaltet. Das zweite Ereignis sei der Reichstagsbrand gewesen. Bei den Reichstagswahlen im November 1932 war der Stimmenanteil der NSDAP spürbar auf nur noch 33,1% zurückgegangen. Trotzdem hatte Reichspräsident Hindenburg am 30.1.33 Hitler zum Reichskanzler ernannt. Eine wichtige Rolle bei seiner Entscheidung habe die Eingabe einflussreicher Industrieller, Bankiers und Großgrundbesitzer an Hindenburg gespielt. Darin hatten sie die Übertragung der Kanzlerschaft an den „Führer der größten nationalen Gruppe“ Hitler gefordert. Sein Programm, Beseitigung der parlamentarischen Demokratie, Vernichtung von SPD und KPD, Aufrüstung und die Wiederherstellung der militärischen und politischen Vormachtstellung Deutschlands hatte ihre Zustimmung gefunden. Allerdings fehlte der neuen Regierung Hitler/von Papen die erforderliche Mehrheit im Reichstag für die Umsetzung ihres Programmes. Obwohl die NSDAP aus parteiinternen Untersuchungen wusste, dass sie keinen Stimmenzuwachs erwarten konnte, setzte Hitler erneute Reichtstagswahlen für den 5. März 1933 an.
Genau eine Woche vorher, in der Nacht vom 27./28. Februar, wurde das Reichstagsgebäude an mehreren Stellen angezündet. Die NS-Regierung machte dafür sofort die Kommunisten verantwortlich. Noch in der gleichen Nacht wurden anhand längst vorbereiteter Listen Tausende NS-Gegner, Mitglieder von KPD, SPD und bürgerlicher Parteien, aber auch bekannte Intellektuelle verhaftet. Mit der Notverordnung „zum Schutz von Volk und Staat“ vom 28. Februar wurden gleichzeitig die wichtigsten Grundrechte außer Kraft gesetzt, der Rechtsstaat durch ein Terrorregime ersetzt und die ersten KZ errichtet.
Schon damals waren viele Menschen überzeugt, dass nicht, wie von den Nazis behauptet, die Kommunisten die Brandstifter waren, sondern die NS-Führung die Brandstiftung selbst organisiert hatte, ähnlich wie 1939 den Überfall auf den Sender Gleiwitz, mit dem sie den Überfall auf Polen rechtfertigten. Die nach 1945 zuerst von ehemaligen Gestapo-Mitarbeitern lancierte These, der stark sehbehinderte und von den Nazis hingerichtete holländische Anarchokommunist Marinus van der Lubbe habe als Einzeltäter den Brand gelegt und Hitler und die NS-Führung seien vom Reichstagsbrand völlig überrascht worden, verwies der Referent ins Reich der Legende. Schon die Gutachter in dem vom NS-Regime angestrengten Reichstagsbrandprozess vor dem Leipziger Reichsgericht hätten eindrucksvoll nachgewiesen, dass van der Lubbe mit dem von ihm verwendeten Mitteln (Kohleanzünder) und der ihm zur Verfügung stehenden extrem kurzen Zeit den riesigen Brand unmöglich allein verursacht haben konnte.
Wie auch von Dr. Bahar seit Jahren gefordert, wurde die Leiche von van der Lubbe jetzt exhumiert und wird aktuell im Klinikum Leipzig auf Drogen untersucht. Vor Gericht hatte der apathisch wirkende van der Lubbe die Tat gestanden. Es gibt die begründete Vermutung, ihm seien damals Drogen verabreicht worden.
Empfohlene Literatur:
Alexander Bahar: „Der Reichtagsbrand: Geschichte einer Provokation“.
Heinz Bräutigam: „Faschismus an der Macht. Berichte Bilder Dokumente über das Jahr 1933. 50 Jahre danach“.