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Worüber nicht so gerne geredet wird

Die Zahl der Asylbewerber steigt. Die meisten von ihnen werden dauerhaft bei uns bleiben. Ein umfassendes staatliches Programm zur Schaffung zusätzlicher preisgünstiger Mietwohnungen ist deshalb längst überfällig. Nur so können die menschenunwürdige Unterbringung in „Sammelunterkünften“ und Containern  vermieden und die Flüchtlinge integriert werden. Nur so sind Konflikte mit unserer Bevölkerung zu verhindern, die ebenfalls auf Sozialwohnungen angewiesen ist.

Für unsere Wirtschaft sind die Flüchtlinge ein Gewinn: es handelt sich in der Regel um Menschen aus Mittelschichten (die Ärmsten können keine Flucht finanzieren), im besten arbeitsfähigen Alter, mit guter Ausbildung. Sie sind fest entschlossen, sich mit harte Arbeit erneut eine Existenz aufzubauen. Für die Asylbewerber ist ihre Flucht eine Tragödie: Niemand trennt sich leichten Herzens von Familie und Bekannten, gibt sein ganzes Hab und Gut auf, begibt sich für Monate oder gar Jahre auf eine lebensgefährliche Flucht. Unsere  Politiker und Parteien verschweigen gerne, weshalb heute Millionen Menschen zur Flucht gezwungen sind: Die Flüchtlinge kommen aus Afghanistan. Dort finanzierten und bildeten die USA in den späten 70er und 80er Jahren  Hunderttausende fanatische Islamisten aus. Sie wollten die damals in Afghanistan herrschende säkulare Regierung stürzen und das Land unter ihre Kontrolle bekommen. Nach mittlerweile über 30 Jahren Krieg und 15 Jahren Besatzung durch Nato-Truppen ist Afghanistan weitestgehend zerstört. Sie kommen aus dem Irak. 2003 haben USA und Großbritannien das ölreiche Land angegriffen und über ein Jahrzehnt besetzt. Ihr brutales Besatzungsregime hat den Boden für  einen radikalen Islamismus und Hass gegen Andersgläubige gesät. Sie kommen aus Nordafrika. 2 Millionen Gastarbeitern aus afrikanischen Nachbarländern bot Libyen Brot und Arbeit. Weil Gaddafi die Einnahmen aus dem Öl vor allem für die eigene Bevölkerung verwendete, waren Bildungs- und Gesundheitswesen und selbst Mieten kostenlos. 2011 zerstörten USA und Nato das Land mit monatelangen Bombardements. Sie kommen aus Syrien. Seit drei Jahren haben die USA, EU, Saudi Arabien und Katar ein Bündnis zum Sturz der Regierung Assad gebildet. Die Scheichs sorgten für Geld und Waffen zum Aufbau islamistischer Verbände, USA und EU verhängten ein totales Handelsembargo gegen Syrien. Die Wirtschaft des mit Russland befreundeten Landes soll erklärter Maßen zum Zusammenbruch gebracht werden. Bereits am 19.2.2012 berichtete die ARD:  „Wie lange hält das Assads Wirtschaft durch?“ „ Westliche und arabische Sanktionen wirken.“ “Der Rückgang der Wirtschaft wird auf bis zu 15% taxiert.“ Mittlerweile liegt dieser Rückgang bei weit über 60%, herrscht eine Massenarbeitslosigkeit von über 50%, leben über 75% der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze, gibt es 200.000 Bürgerkriegstote. Über 3 Millionen Syrer haben ihre Heimat als Flüchtlinge verlassen.

Wir dürfen nicht weiter zulassen, dass Länder durch „Wirtschaftssanktionen“ stranguliert und durch militärische Interventionen zerstört werden. Unsere Politiker und Konzerne haben es zu respektieren, wenn andere Staaten ihren eigenen Entwicklungsweg gehen möchten.

Leserbrief von Bernd Duschner, abgedruckt im Donaukurier am 04.12.2014.