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Syrien: Ein Leben ohne Strom, Licht und Heizung

Schwester Tahhan bittet um Hilfe für ihr Krankenhaus

In den letzten Monaten hat sich die Not der syrischen Bevölkerung weiter verschärft. Laut dem Welternährungsprogramm der UNO leiden inzwischen fast 60% der Menschen in Syrien, 12,4 Millionen Menschen, Hunger (1). Es gibt kaum Strom, Treibstoff und Heizöl. Schwester Tahhan, Leiterin des „Italienischen Krankenhauses“ in Damaskus, ist in großer Sorge um seine Existenz. Ohne ausreichenden Diesel für den Betrieb seiner Notstromaggregate müsste das Krankenhaus schließen. Für ihre Mitarbeiter möchte sie Stoffe einkaufen, damit sie für ihre Familien und Bedürftige Kleidung für den Winter herstellen können. Wie in den vergangenen Jahren möchten wir sie dabei finanziell unterstützen und bitten dazu um Spenden auf das Konto unseres Vereins „Freundschaft mit Valjevo“ bei der Sparkasse Pfaffenhofen, IBAN 06 7215 1650 0008 0119 91.

                Wie einem Volk zynisch die Lebensgrundlagen entzogen werden

Seit über einem Jahrzehnt (!) sind die Sanktionen von USA und EU in Kraft, mit denen das Wirtschaftsleben Syriens zum Erliegen gebracht und heute jeder Wiederaufbau des Landes verhindert werden. Seit dem Herbst 2019 halten US-Truppen zusätzlich die wichtigsten Ölfelder im Nordosten Syriens besetzt wohl wissend, dass die Kraftwerke des Landes ohne dieses Öl die Stromversorgung nicht gewährleisten können. Die Folgen für die syrische Bevölkerung und Wirtschaft sind verheerend: Auf 2 Stunden Strom, so Schwester Tahhan, folgen derzeit jeweils 6 Stunden Stromausfall. Zwar verfügt das Italienische Krankenhaus im Gegensatz zu der breiten Mehrheit der privaten Haushalte über eigene Stromgeneratoren. Der erforderliche Diesel ist jedoch genauso wie Heizöl für den kommenden Winter nur schwer zu bekommen und kaum zu bezahlen. Der Mangel an Treibstoff, Heizöl und Strom haben innerhalb eines Jahres zu einer Verdoppelung der Lebensmittelpreise geführt (2). Zwar lasse die Regierung eine streng rationierte Menge an Grundnahrungsmittel wie Zucker, Reis und Fladenbrot in staatlichen Geschäften zu subventionierten Preisen an die Bürger ausgegeben. Ihre Menge sei jedoch bei weitem nicht ausreichend, um den Hunger zu stillen. Geld für den Kauf von Gemüse, Obst oder gar Fleisch hätten die meisten Menschen schon lange nicht mehr, berichtet sie. Zahlreiche Betriebe hätten in den vergangenen Monaten schließen müssen. Die Arbeitslosigkeit sei spürbar angestiegen und auf den Straßen könne man viele Bettler und Obdachlose sehen. Für die Bevölkerung sei das tägliche Leben unerträglich geworden: In den wenigen Stunden, in denen es Strom gäbe, müssen handys, laptops usw. aufgeladen und die Arbeit in kürzester Zeit erledigt werden. Der Verkehr nach der Arbeit sei gefährlich, weil Ampeln und Straßenlaternen ausgeschaltet und die Straßen nicht beleuchtet sind. Zu Hause haben die meisten syrischen Familien abends kein Licht, keine Möglichkeit sich beim Lesen, Fernsehschauen oder Radiohören zu erholen. Ein solcher Alltag ohne Strom, Licht und Heizung zermürbt. Auch das Italienische Krankenhaus, so Tahhan hätten jetzt drei Ärzte verlassen hätten, um im Ausland für sich und ihre Familien eine Zukunft zu finden.

       Und trotzdem gibt es Hoffnung für die Syrer:  Die Sanktionen werden fallen!

Schwester Tahhan mit Sara Alkakim. Sie hatte ihren Bruder 2016 Mohamad nach Pfaffenhofen begleitet, wo wir für ihn eine Operation am Knie organisiert hatten.

Im Herbst 2012 war sich Heiko Wimmen von der „Stiftung Wissenschaft und Politik“, die die Bundesregierung in Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik berät, sicher, man könne Syrien mit Sanktionen in die Knie zwingen, weil „das Land ökonomisch schwach“, seine Wirtschaft „wenig diversifiziert und damit leicht angreifbar“ sei. Wimmen ahnte aber auch, „dass in Zukunft eine zunehmend multipolare Ausrichtung der Welt und ein neues ökonomisches Machtgefüge die Durchsetzungskraft von Sanktionen aushöhlen könnte: Kriselt die Wirtschaft in der EU und den USA weiter, während einige Schwellenländer ihre ökonomische Blüte entfalten, könnte es für den Westen zunehmend schwierig werden, durch Sanktionen nicht nur an Werte wie Demokratie und Menschenrechte zu appellieren, sondern ihre Ziele auch tatsächlich durchzusetzen (3).“ Die Zeit, in der die USA mit ihren Verbündeten Länder der Dritte Welt aushungern und ihnen ihren Willen aufzwingen konnten, läuft ab. Das zeigt der Aufstieg Chinas, das Erstarken des Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, zu deren Mitgliedern jetzt auch der Iran gehört, die Niederlage und Rückzug der USA aus Afghanistan, die schrittweise in Gang gekommene Aufhebung der politischen und wirtschaftliche Isolierung Syriens: Immer mehr   arabische und europäische Staaten normalisieren ihre Beziehungen mit Damaskus. Der für den Handel wichtige syrischen Grenzübergangs Jasib-Jaber nach Jordanien ist seit kurzem wieder geöffnet.

              Unsere Solidarität und Hilfe müssen wir jetzt weiterführen  

Für uns aber gilt es jetzt, Solidarität und humanitäre Hilfe für das syrische Volk verstärkt weiter zu führen. Die Forderung nach umgehender Aufhebung der menschenverachtenden und völkerrechtswidrigen Sanktionen muss überall erhoben und endlich durchgesetzt werden.

Anmerkungen:

1.https://de.wfp.org/krisen/syrien

2. Siehe auch: https://reliefweb.int/report/syrian-arab-republic/wfp-syria-country-brief-august-2021

3. Dazu gehören u.a. beispielsweise die Vereinigten Arabische Emirate, Bahrain, Oman; Serbien

4. https://www.wiwo.de/politik/ausland/embargo-bevoelkerung-von-sanktionen-betroffen/7049150-2.html