Dr. Weißbecker sprach über Ursachen und Verantwortliche
Trägt die deutsche Bevölkerung die Verantwortung für die Errichtung der NS-Diktatur vor 80 Jahren oder war sie vielmehr ein Opfer ihrer demokratiefeindlichen Eliten in Wirtschaft, Militär und Politik ? Zu diesem Thema sprach der Faschismusforscher und Historiker Dr. Manfred Weißbecker am vergangenen Freitag vor 25 Zuhörern auf Einladung der „Freunde von Valjevo“ im Hofbergsaal.
Am 30. Januar 1933 beauftragte der frühere Generalfeldmarschall und Reichspräsident Hindenburg Adolf Hitler mit der Regierungsbildung. Der Aufstieg der NSDAP zur stärksten Partei, so Weißbecker, sei durch die starke Verbreitung völkischen Denkens bereits in der Kaiserzeit erleichtert worden. Zu diesem Denken gehörten Überheblichkeit gegenüber anderen Völkern, Antisemitismus und die Bejahung des Krieges als Mittel zur Ausdehnung Deutschland auf alle deutschen Siedlungsgebiete. Neben der NSDAP hätten rechtskonservative Parteien, maßgebliche Kräfte in der Reichswehr und den paramilitärischen Verbänden wie dem „Stahlhelm. Bund der Frontsoldaten“ die Beseitigung der Weimarer Demokratie verfolgt. Weissbecker erinnerte an den Kapp-Putsch 1920 und dem Putschversuch von Hitler und General Ludendorff 1923. Hitler selbst habe seine politische Karriere 1919 als V – Mann der Nachrichtenabteilung der Reichwehr begonnen. In ihrem Auftrag sei er in die rechte Deutsche Arbeiterpartei (DAP), dem Vorläufer der NSDAP, eingetreten. Mit Hilfe solcher Gruppen sollten nach dem Willen führender Militärs die Arbeiter dem Einfluß des „jüdischen Marxismus“ entzogen werden, den sie für die Niederlage im 1. Weltkrieg verantwortlich machten (“Dolchstoßlegende“). Die Nachsicht des Staates gegenüber der NSDAP und ihre Akzeptierung als „normaler“ Bündnispartner durch rechtskonservative Parteien und Organisationen hätten wesentlich zu ihrem Aufstieg während der Weltwirtschaftskrise beigetragen. Als sich mit dem Rückgang der Stimmen für die NSDAP im Dezember 1932 auf 33,1% bereits ihr möglicher Niedergang abzeichnete, haben einflußreiche Kräfte aus der Industrie, so Weißbecker, von Hindenburg die Regierungsübergabe an Hitler gefordert. Hitler hatte ihnen sein Programm, den Marxismus auszurotten und Deutschland wieder zur Weltmacht zu machen, bei vielen Begegnungen und Tagungen dargelegt. Es habe sich gerächt, dass Gewerkschaften, Arbeiterparteien und demokratische Kräfte bei der Verteidigung der Republik nicht konsequent zusammengearbeitet haben. In der Diskussion über die Stabilität der NS Regimes wies Weißbecker als Ursache neben seinen ersten politischen Erfolgen auf den blutigen Terror hin, dem Zehntausende Widerstandskämpfer insbesondere aus der Arbeiterschaft zum Opfer gefallen sind.