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Moralische Argumente gegen „Nordstream“ nur ein Vorwand

Leserbrief von Bernd Duschner zum „Fall Nawalny“, veröffentlicht in der Wochenendausgabe des „Donaukurier“ vom 12/13.9.2020. Bekanntlich wollen die US-Regierung und US-hörige deutsche Politiker eine Fertigstellung von Nord-Stream 2 verhindern jegliche Verständigung und wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der Russischen Föderation verhindern. Dazu dient ihnen aktuell der „Fall“ des russischen Bloggers, für dessen Vergiftung sie ohne irgendeinen Beleg die russische Regierung verantwortlich machen.

Die USA haben die Bundesregierung wiederholt gewarnt: Sie hat den Bau der Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 einzustellen. Die Pipeline läuft über die Ostsee, außerhalb des Zugriffs osteuropäischer Staaten, auf deren Verhalten die USA bei Bedarf starken Einfluss nehmen können. Als „Juniorpartner“ der USA hat Deutschland nicht auf Unabhängigkeit bei seiner Energieversorgung und den Preis zu achten. Statt des kostengünstigen russischen Erdgases hat es das erheblich teuere Frackinggas aus den USA zu kaufen. Weil die Bundesregierung nicht „parierte“, hat das US-Parlament am 23.10.2019 ein „Gesetz zum Schutz von Europas Energiesicherheit“ verabschiedet. Es sieht Strafmaßnahmen gegen alle Firmen vor, die sich am Bau von Nord Stream 2 beteiligen. Firmen wie Schweizer Allsea haben daraufhin ihre Arbeit an der Verlegung der Rohre eingestellt, so dass sich die Fertigstellung der Pipeline bereits erheblich verzögert hat. Der Fall Nawalny könnte jetzt das nötige „Argument“ liefern, damit die Bundesregierung ohne Gesichtsverlust den Bau der bereits nahezu fertiggestellten Pipeline endgültig aufgibt. Das fordern mit großer Lautstärke Friedrich Merz (CDU), Norbert Röttgen (CDU) und die Grünen Bütikofer und Annalena Baerbock.  

Was ist passiert? Der russische Blogger Nawalny bekam während eines Fluges von Tomsk nach Moskau starke Schmerzen und verlor das Bewusstsein. Das Flugzeug machte eine Notlandung in Omsk. In der dortigen Klinik haben  russische Ärzte Nawalny behandelt und ihm das Leben gerettet. Sobald er transportfähig war, wurde er auf Wunsch seiner Familie zur Weiterbehandlung in die Charite in Berlin überführt. Die russischen Behörden hatten dagegen keine Einwände. Im völligen Widerspruch zu den Untersuchungsergebnissen der russischen Ärzte behauptet jetzt ein Speziallabor der Bundeswehr, es habe in Proben von Nawalny ein Nervengift gefunden. Für oben genannte Politiker ist ein Informationsaustausch mit den russischen Ärzten und eine weitere Klärung des Sachverhalts nicht nötig. Für sie ist alles klar: Nawalny ist Opfer eines Mordanschlages und für den kann nur Putin und die russische Regierung verantwortlich sein. Beweise braucht es nicht. Der Bau von Nordstream müsse aus Gründen der Moral eingestellt werden.

Beim Kauf von Flüssiggas aus den USA haben Friedrich Merz, Norbert Röttgen und die grünen Spitzenpolitiker solche moralischen Probleme nicht. Erst vor wenigen Tagen hatte die Grüne Bundestagsfraktion Madelein Albright als Stargast zu ihrer Herbsttagung eingeladen. Die frühere US Außenministerin hatte das gezielte Aushungern der irakischen Bevölkerung durch US-Sanktionen in den 90er Jahren, das zum Tod von einer halben Million (!) Kinder führte, mit  mit den Worten „Es ist diesen Preis wert“, ausdrücklich gerechtfertigt. Dass US-Truppen bei ihren völkerrechtswidrigen Kriegen und der Besetzung des Irak und Afghanistans Zehnttausende Menschen getötet, gefoltert (Abu Ghraib) und in KZ (Guantanamo) verschleppt haben, ist bekannt. Sie haben nach dem Willen der US-Regierung straffrei zu bleiben. Als die Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag Fatou Bensouda es gewagt hat, Ermittlungen wegen amerikanischer Kriegsverbrechen in Afghanistan einzuleiten, verhängte die US-Regierung umgehend Sanktionen gegen sie und ihre Mitarbeiter.

Sollte die Bundesregierung jetzt einknicken, werden Schadenersatzforderungen in Milliardenhöhe und deutlich höhere Energiepreisen auf die deutsche Wirtschaft und uns als Steuerzahler zukommen. Für die weitere Karriere von Friedrich Merz, Norbert Röttgen und der grünen Spitzenpolitiker aber könnte sich der Vertragsbruch gegenüber Russland auszahlen: Schließlich dürfte niemand gegen das Veto der USA in Berlin ein Ministeramt bekommen oder gar  zukünftiger Bundeskanzler werden.